Christoph-Graupner-Gesellschaft

 

 

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GWV 450
 
Ouverture a Flaut. Tr. Viola d'Amore Chalumeau / 2 Violin. Viola e Cembalo. / Christoph Graupner.
464-79 Ouverture

 

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Ouverture

 

Sonstiger Content

       
Bachfest Leipzig 2019 - Tripelkonzerte
  • Georg Philipp Telemann (1681-1767): Konzert E-Dur, TWV 53: E1
  • Christoph Graupner (1683-1760): Ouvertüre F-Dur für Traversflöte, Viola dámore, Chalumeau, Streicher und B.C. 450">GWV 450
  • Christoph Graupner (1683-1760): Suite B-Dur für Chalumeau, 2 Violinen, Viola & CembaloGWV 343
  • Johann Sebastian Bach (685-1750): Brandenburgisches Konzert Nr. 4 G-Dur, BWV 1049

Ausführende:

  • Bell’arte Salzburg, Leitung: Annegret Siedel (Violine, Viola d’amore)

Datum: Freitag, 21 Juni 2019, 22.30 Uhr
Ort: Evangelisch Reformierte Kirche, Leipzig (D)
Veranstalter: Bachfest Leipzig

   
Edition der Christoph-Graupner-Gesellschaft

CYDONIA BAROCCA GRAUPNER EDITION

Herausgegeben von Ursula Kramer und Florian Heyerick. 
Eine Zusammenarbeit der Christoph-Graupner-Gesellschaft und CYDONIA EDITIONS

Aus dem Vorwort zum Fagottkonzert GWV 328

Christoph Graupner ist der bedeutendste Musiker der älteren Residenzgeschichte der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt. Geboren 1683 im sächsischen Kirchberg, kam er 1709 nach Darmstadt, wo er zunächst das Amt des Vizekapellmeisters bekleidete, bevor er 1711 als Nachfolger von Wolfgang Carl Briegel an die Spitze der Hofkapelle aufrückte. Der von Graupner angestrebte Wechsel nach Leipzig als Nachfolger seines einstigen Lehrers Johann Kuhnau als Thomaskantor wurde 1723 von seinem Darmstädter Dienstherrn, Landgraf Ernst Ludwig, verhindert, der seinen besten Musiker nicht verlieren wollte. Graupner kam so schließlich auf 45 aktive Dienstjahre in der Hofkapelle von Hessen- Darmstadt; er erblindete 1754, behielt den Posten des Hofkapellmeisters aber nominell bis zu seinem Tod 1760.

Bereits im Anstellungsvertrag von 1709 war Graupners Zuständigkeit für die gesamte Musik am Hof, sowohl „in als außer der Kirchen“ geregelt: komponieren, dirigieren und „accompagniren“ auf dem Cembalo. Während Kirchenkantaten für den gesamten Zeitraum von Graupners Engagement existieren (insgesamt sind über 1450 Werke erhalten), scheint die Überlieferung von weltlicher Instrumentalmusik erst Ende der 1720er Jahre einzusetzen – „scheint“, weil diese Kompositionen undatiert und Rückschlüsse nur indirekt möglich sind: über Schrift- oder Papiervergleich mit den datierten Kantaten sowie durch erhaltene Dokumente etwa zum Verbrauch von Schreibmaterial.

 

 

Edition der Kammermusikwerke GWV 201ff (Auswahl)

GWV 201

Triosonate in C-Dur für Fagott, Basschalumeau und Basso continuo

Eine singuläre Kopplung, die in der Literatur ansonsten ihresgleichen sucht, ist jene von Fagott und Basschalumeau als Oberstimmenpaar im Trio GWV 201. Graupner liebte die dunkleren Klangfarben und kombinierte immer wieder tiefere Instrumente miteinander. So gibt es neben der Sonate GWV 201 eine Ouverture für Chalumeau, Fagott und Streicher (GWV 407) sowie ein Konzert für Chalumeau, Fagott, Violoncello und Streicher (GWV 306).

 

Edition der Konzerte GWV 301ff (Auswahl)

GWV 301

Konzert für Fagott, Streicher und Basso continuo C-Dur

Unter den Solokonzerten nehmen die vier Werke für solistisches Fagott einen besonderen Stellenwert ein; keinem anderen Instrument hat er mehr konzertierende Aufgaben zugewiesen. Zusammen mit den zahlreichen Kantaten, in denen den Sängern in einzelnen Arien ein Solofagott an die Seite gestellt wird, hat Graupner so ein einzigartiges Nischenrepertoire geschaffen, das in der Barockzeit nur von den zahlreichen Konzerten Antonio Vivaldis übertroffen wird. Anlass für die Entstehung der Kantaten mit solistischem Repertoire, aber wahrscheinlich auch der vier Konzerte, war die Verpflichtung eines neuen Hofkapellmitgliedes, des im Frühjahr 1736 aus Zerbst nach Darmstadt engagierten Fagottisten Johann Christian Klotsch.

GWV 307

Konzert für Fagott, Streicher und Basso continuo c-moll

Das Konzert c-moll GWV 307 nimmt eine Sonderstellung unter Graupners Konzerten für Fagott ein; es steht nicht nur als einziges in einer Molltonart – für Konzerte dieser Zeit generell eher selten –, sondern verzichtet auch auf die in Vivaldis Konzerttypus entwickelte Dreisätzigkeit, die üblicherweise zum Vorbild auch für deutsche Komponisten wurde. Mit seiner Tempoabfolge langsam – schnell – langsam – schnell und seinem harmonischen Bauplan (bei dem der dritte Satz in der Paralleltonart steht) erinnert Graupners c-moll Konzert viel eher an die vergleichsweise strenge, ebenfalls viersätzige Kirchenso- nate der Zeit, auch sie war, wie die Konzertform, eine „Erfindung“ aus Italien.

GWV 310

Konzert für Flöte, Streicher und Basso continuo D-Dur

Das Konzert GWV 310 folgt dem dreisätzigen Typus, wie ihn Antonio Vivaldi in Italien geprägt hatte, mit einem langsamen Mittelsatz und zwei schnellen Ecksätzen. Anders als Vivaldi geht es Graupner aber weniger um Virtuosität des Soloinstruments – auch das gewählte Register stellt keine besondere Heraus-forderung dar. Insbesondere der Eröffnungssatz wird von der eigenständig spielfreudigen Solo-stimme dominiert: Nach einem freien Eintritt greift sie nur zu Anfang das Hauptmotiv des Satzes auf, um im Folgenden ausschließlich mit Spielfiguren verschiedener Art aufzuwarten: Dreiklangsbrechun-gen, schnellen Tonrepetitionen ebenso wie latent zweistimmiges Komponieren...

GWV 311

Konzert für Flöte, Streicher und Basso continuo D-Dur

Längst nicht in allen Konzerten folgt Graupner dem italienischen dreisätzigen Vorbild Vivaldis; in seinem Konzert GWV 311 D-dur erweitert er das Modell um einen einleitenden Satz in langsamem Tempo (Grave), bei dem es vor allem um kammermusikalisches Miteinander im Sinn kontrapunktischen Musizierens zwischen Soloinstrument und den Violinen geht...

GWV 312

Konzert für Flöte, Streicher und Basso continuo D-Dur

Graupner ist generell für seine individuellen kompositorischen Lösungen bekannt; „Standard“ gibt es bei ihm nicht, jede Kantate, aber auch jedes Solokonzert überrascht mit eigenem Profil. Das Konzert D-dur GWV 312, einerseits nach dem italienischen Vorbild Vivaldis dreisätzig, geht in der Anlage der Sätze aber doch sehr eigene Wege. Sie gleicht einem Rückwärts-Schreiten durch die Musik-geschichte seiner Zeit: Der erste Satz ist „allegro“ im engen Wortsinn, heiter, lebhaft, spielfreudig und weist mit seiner melodischen Substanz eindeutig in die frühklassische Richtung. Die Flöte ist eng mit dem begleitenden Orchester verzahnt...

GWV 320

Konzert für Flöte, Streicher und Basso continuo E-Dur

Deutlicher noch als in den Flötenkonzerten GWV 310-312 zeigt sich am Konzert E-dur GWV 320, dass der von Graupner im Manuskript festgehaltene Notentext das Werk nicht vollständig wiedergibt: Mit langen Haltetönen und dem Fehlen jeglicher virtuoser Ausgestaltung bietet die Flötenstimme so, wie sie notiert ist, zunächst das Gerüst vor. Improvisierende Verzierungspraxis gehörr unbedingt dazu, um den Intentionen Graupners auf die Spur zu kommen. Insofern eignet sich dieses Konzert besonders für das Studium der historischen Aufführungspraxis...

GWV 328

Konzert für Fagott, Streicher und Basso continuo D-Dur

Das Konzert G-Dur GWV 328 ist das kürzeste unter den vier Fagottkonzerten, steht den anderen aber an Ausdrucksintensität und solistischer Profilierung in nichts nach. Energisch ist der Grundcharakter des eröffnenden Allegros, bedingt durch den synkopischen Duktus, mit dem das Hauptmotiv des Satzes anhebt. Zusammen mit dem auf ihn folgenden abwärtsgerichteten Lauf sorgt er für eine durchgängige Lebendigkeit und Motorik des Satzes. Soloinstrument und Orchester sind eng miteinan- der verzahnt: Auf kurzem Raum spielen sich die Partner immer wieder die Bälle zu.

GWV 329

Konzert für Flöte, Streicher und Basso continuo G-Dur

Seinem Konzert in G-dur GWV 329 legt Graupner als äußeren Rahmen den Formtyp der barocken Kirchensonate mit der Satzfolge langsam – schnell – langsam – schnell zugrunde. Satzintern hingegen verabschiedet sich der Komponist aber weitgehend vom italienischen Formmodell in Sinn Vivaldis mit seinen virtuosen Episoden für das Soloinstrument (am ehesten erinnert noch der zweite Satz an das italienische Vorbild). Außergewöhnlich kommt der 3. Satz daher: beginnend im Unisono, folgen spannungsreiche Takte durch scharfe Vorhalte und chromatische Wendungen...

GWV 340

Konzert für Fagott, Streicher und Basso continuo B-Dur

Das Konzert B-Dur GWV 340 ist ganz auf den Finalsatz ausgerichtet, der nicht nur quantitativ, sondern auch qua- litativ einen besonderen Stellenwert erhält: Er ist als Da- Capo-Arie gestaltet, in der das Soloinstrument mit klar konturiertem Thema dominiert – und bei entsprechender Tempowahl durchaus brilliert. Vorbereitet wird dieser Satz durch zwei unterschiedliche Stimmungsbilder, in der sich das Fagott stärker als „primus inter pares“ zeigt.

 

Edition der Ouvertüren GWV 401ff (Auswahl)

GWV 453

Ouverture in G-Dur »Entrata per la Musica di Tavola« für Streicher und Basso continuo

Nur fünf der Ouvertüren tragen die spezielle Bezeichnung „Entrata per la Musica di Tavola“ und werden da- mit unmissverständlich als Tafelmusik ausgewiesen; denkbar ist freilich, dass auch die übrigen Ouverturen der Unterhaltung des Landgrafen während des Mahles dienten.

 

Edition der Sinfonien GWV 501ff (Auswahl)

GWV 559

Sinfonie in Es-Dur für 2 Hörner, 4 Pauken, Streicher und Basso continuo

Die Sinfonie GWV 559 steht mit ihren fünf Sätzen ohne Bezug zu zeitgenössischen Tanzsatzmodellen gewisser- maßen in der Mitte zwischen Ouverturenform und der Herausbildung der frühklassischen Sinfonie mit abstrakten Satzformen (sieht man einmal vom Menuett ab).

 

In Vorbereitung: Kantaten GWV 1100ff (Auswahl)

GWV 1123/46

Kantate "Siehe, des Herrn Auge sieht"

Die Kantate wurde von Graupner für den Sonntag Laetare der Passionszeit 1746 (20. März) geschrieben;
die Partitur datiert vom März 1746.

Den Text entnahm er dem Kantatenjahrgang 1736/37  Zufällige Andachten, Welche über besondere in denen ordentlichen Sonn= und Fest=Tags=Evangelien vorkommende bedenckliche Worte und Ausdrücke, Als Texte zur Kirchen-Musik, In der Hoch=Fürstlichen Schloß=Capelle zu DARMSTADT, auf das 1737.te Jahr angestellt und aufgesetzt worden von Johann Conrad Lichtenberg.

  • Klavierauszug: CB-GE-112346-03, ISMN 979-0-3655-4009-9
  • Partitur: CB-GE-112346-01, ISMN 979-0-3655-4007-5
  • Beispiel-PDF: Violino I

GWV 1122/53

Kantate "Ach Gott, wie lange soll der Widerwärtige"

Die Kantate wurde von Graupner für den Sonntag Oculi der Passionszeit 1753 (25. März) geschrieben;
die Partitur datiert vom März 1753.

Den Text entnahm Graupner dem Kantatenjahrgang Andächtige Psalter=Lust oder TEXTE zur Kirchen=MUSIC welche über auserlesene und mit denen Sonn= und Fest=Tags Evangeliis harmonirende Sprüche aus denen Psalmen Davids poetisch aufgesetzt worden; und in Hoch=Fürstl. Schloß=Capelle zu DARMSTADT das 1731.te Jahr hindurch musiciret werden sollen, Darmstadt 1730 von Johann Conrad Lichtenberg.

Eine erste Edition dieser Kantate hatte Friedrich Noack im Rahmen der Denkmäler Deutscher Tonkunst Bd. 51/52 herausgegeben: Christoph Graupner, Ausgewählte Kantaten, Leipzig 1926.

  • Klavierauszug: CB-GE-112253-03, ISMN 979-0-3655-4012-9
  • Partitur: CB-GE-112253-01, ISMN 979-0-3655-4010-5
  • Beispiel-PDF: Fagotto I - II

 

Vertrieb

Der Vertrieb für aller Editions-Ausgaben erfolgt über ausschließlich die Golden River Music.

 

 

Impressum

   
Heinz Berck

Heinz Berck (†)

Profession: Musikhistoriker

Heinz Berck, im Hauptberuf Lehrer, hat sich schon früh, seit dem Ende der 1960er Jahre für die Viola d’amore interessiert. Wissenschaftliche Netzwerke ermöglichten ihm das Sammeln von Fachliteratur und Kompositionen für das Instrument. Auf dieser Basis veröffentlichte er 1994 eine rund 900 Werke umfassende Viola d’amore-Bibliographie, 2015 folgte eine Monographie „Die Viola d’amore – Geschichte, Bau, künstlerische Gestaltung, Repertoire, Methodik, Literatur“.

Darüber hinaus war er auch als Herausgeber von Werken aus der Zeit des Barock tätig, darunter auch viele Kompositionen von Christoph Graupner, von dem seit 1714 Werke für Viola d’amore belegt sind. Durch einen glücklichen Zufall gelang es Heinz Berck, die 1714 von Skotschofscky für die Darmstädter Hofkapelle gebaute Viola d’amore zu erwerben und wieder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Heinz Berck: Die Viola d’Amore. Geschichte, Bau, künstlerische Gestaltung, Repertoire, Methodik, Literatur, herausgegeben von Heinz Berck. Ein umfassendes Handbuch zum Thema Viola d’Amore mit zahlreichen Abbildungen, 250 Seiten, Selbstverlag. 2. Aufl., 2015, ISBN 978-3-00-023905-2. Vertrieb: Edition Walhall, Magdeburg.

 

 

CD-Aufnahmen für Viola d´amore von Christoph Graupner

  • Concerto D-Dur für Viola d'amore, Viola und B.C.GWV 317
  • Concerto d-moll für Flöte, Viola d´amore, zwei Violinen, Viola und B.C.GWV 725
  • Jerzy Dobrzański (1928-1998): Concerto for viola d'amore and orchestra 'in the baroque style'
  • Concerto A-Dur für Viola d'amore, Viola und B.C.GWV 339
  • Concerto D-Dur für Viola d´amore, zwei Violinen, Viola und B.C.GWV 314

Interpreten:

  • Donald Maurice (Viola d'amore), Marcin Murawski (Viola), Ewa Murawska (Flöte)
  • Orchestra Ars Longa, Leitung: Eugeniusz Dąbrowski

  • Sonata d-moll für Traversflöte, Viola d'amore und CembaloGWV 207
  • Trio Sonata B-Dur für Traversflöte, Viola d'amore und CembaloGWV 217
  • Trio Sonata e-moll für Traversflöte, Viola d'amore und CembaloGWV 209
  • Sonata D-Dur für Viola d'amore, Traversflöte und CembaloGWV 205
  • Sonata C-Dur für Traversflöte, Viola d'amore und CembaloGWV 202
  • sowie Musik von Georg Philipp Telemann

Interpreten:

  • Catherine Bull (Traversflöte), Elena Kraineva (Viola d´amore), Joshua Lee (Viola da Gamba), Daniel Pyle (Lautenwerk)
  • Harmonie Universelle Atlanta

  • Trio F-Dur für Viola d´amore, Bass-Chalumeau und CembaloGWV 210
  • sowie Musik von Georg Philipp Telemann, Heinrich Ignaz Franz von Biber, Johann Sebastian Bach, Louis-Toussaint Milandre und Christian Petzold.

Interpreten:

  • Jacques-Olivier Chartier (Tenor), Olivier Laquerre (Bassbariton)
  • Hélène Plouffe (Viola d´amore), Chloe Meyers (Viola d´amore), Sophie Larivière (Flöte), Mark Simons (Chalumeau), David Jacques (Laute, Theorbe), Amanda Keesmaat (Violoncello), Erin Helyard (Cembalo, Orgel)

  • Ouvertüre F-Dur für Traversflöte, Viola dámore, Chalumeau, Streicher und B.C.450">GWV 450
  • Concerto B-Dur für Oboe, Viola d´amore, Chalumeau, Streicher und B.C.GWV 343
  • sowie Musik von Georg Philipp Telemann und Antonio Vivaldi.

Interpreten:

  • bell´arte salzburg, Leitung: Annegret Siedel

  • Trio F-Dur für Viola d´amore, Chalumeau und CembaloGWV 210
  • sowie Musik von Johann David Heinichen, Monsier Grobe, Louis-Toussaint Milandre und Friedrich Wilhelm Rust.

Interpreten:

  • Dorothea Jappe (Viola d´amore), Konrad Hünteler (Traversflöte), Hans-Rudolf Stadler (Chalumeau), Herbert Hoever (Violine), Michael Jappe (Viola da Gamba/Violoncello), Rolf Jungshans (Cembalo/Pianoforte)

  • Christoph Graupner (1683-1760): Ouverture A-Dur für Flöte, Oboe, Viola d´Amore, 2 Violinen, Viola, Fagott und CembaloGWV 477
  • sowie Musik von Georg Philipp Telemann und Mr. Ganswindt.

Interpreten:

  • Dorothea Jappe (Viola d´Amore)
  • Capella Clementina, Leitung: Helmut Müller-Brühl

 

Werke von Christoph Graupner für Viola d´amore

In folgenden 17 Kantaten aus den Jahren 1709 bis 1753 ist die Viola d´amore als obligates Instrument gesetzt:

Zudem hat Graupner die Viola d´amore in folgenden Instrumentalwerken eingesetzt:

  • Concerto D-Dur for viola d'amore, strings and continuo, → GWV 314
  • Concerto F-Dur for flute, viola d'amore, chalumeau, strings and continuo, → GWV 327
  • Concerto D-Dur for flauto d'amore, oboe d'amore, viola d'amore, strings and continuo, → GWV 333
  • Concerto g-moll for viola d'amore, strings and continuo, → GWV 336
  • Concerto A-Dur for viola, viola d'amore, strings and continuo, → GWV 339
  • Concerto B-Dur for chalumeau, viola d'amore, oboe, strings and continuo, → GWV 343
  • Ouverture D-Dur for oboe d'amore, viola d'amore, strings and continuo, → GWV 419
  • Ouverture d-moll for bassoon, viola d'amore, strings and continuo, → GWV 426
  • Ouverture D-Dur for viola d'amore, strings and continuo, GWV → 427
  • Ouverture E-Dur for viola d'amore, strings and continuo, GWV → 438
  • Ouverture F-Dur for flute, viola d'amore, chalumeau, strings and continuo, 450">→ GWV 450
  • Ouverture F-Dur for flute, viola d'amore, 2 chalumeaux, strings and continuo, → GWV 451
  • Ouverture G-Dur for viola d'amore, strings and continuo, → GWV 459
  • Ouverture G-Dur for viola d'amore, strings and continuo, → GWV 460
  • Ouverture G-Dur for viola d'amore, bassoon, strings and continuo, → GWV 465
  • Ouverture A-Dur for viola d'amore, strings and continuo, → GWV 476
  • Ouverture A-Dur for flute, viola d'amore, oboe, bassoon, strings and continuo, → GWV 477
  • Sinfonia F-Dur for soli viola d'amore, cello and bassoon, 3 violas and basso continuo, → GWV 577
  • Trio Sonata B-Dur for flute, viola d'amore and continuo, → GWV 217
  • Trio Sonata C-Dur for flute, viola d'amore and continuo, → GWV 202
  • Trio Sonata D-Dur for flute, viola d'amore and continuo, → GWV 205
  • Trio Sonata d-moll for flute, viola d'amore and continuo, → GWV 207
  • Trio Sonata e-moll for flute, viola d'amore and continuo, → GWV 209
  • Trio Sonata F-Dur for viola d'amore, bass chalumeau and continuo, → GWV 210
   
       
Koncert Orkiestry Barokowej - Viola d’amore
  • Christoph Graupner (1683-1760): Ouvertüre F-Dur für Traversflöte, Viola dámore, Chalumeau, Streicher und B.C. 450">GWV 450
  • Georg Philipp Telemann (1681-1767): Konzert E-Dur für Flöte, Viola d'amore, Oboe d'amor und Orchester TWV 53.E1
  • Johann David Heinichen (1683-1729): Concerto grosso F-Dur S 234
  • Christoph Graupner (1683-1760): Suite für Querflöte, Viola d´amore, 2 Chalumeaux, Barockhorn, Streicher und Cembalo F-DurGWV 451

Ausführende:

  • Kammerorchester der Musikakademie Krzysztof Penderecki in Krakau, Leitung: Sirkka-Liisa Kaakinen-Pilch

Datum: Samstag, 14. Mai 2022, 18.00 Uhr
Ort: Konzertsaal von AMKP, Krakau (PL)
Veranstalter: Akademii Muzycznej

 

       
Musik

Christoph Graupner – Seine Musik

Leipzig Thomas-Kirchhof 
Der südliche Thomaskirchhof mit Thomasschule und Thomaspförtchen 1850
(Stadtgeschichtliches Museum Leipzig)

In seiner Autobiographie aus dem Jahr 1740 hob Graupner rückblickend die große Bedeutung hervor, die der Organist und spätere Kantor der Leipziger Thomaskirche, Johann Kuhnau, für seine musikalische Ausbildung gehabt hat: Jener unterrichtete Graupner nicht nur auf dem Clavier, sondern auch in Komposition. Besonders wichtig war für Graupner nach eigener Aussage aber vor allem die Möglichkeit, für den Lehrer Abschriften anzufertigen und so Einblicke in die verschiedensten musikalischen Sparten zu erhalten. Auf dieser Grundlage sei er für seine zukünftige musikalische Laufbahn bestens gerüstet gewesen ("Durch den täglichen Fleiß gerieth es also nach und nach dahin, daß ich mich weder in Kirchen- noch in theatralischen Sachen nicht sonderlich mehr zu fürchten hatte; sondern fest ging“).

Offenkundig war Graupner in Leipzig nicht nur mit der Kirchenmusik (für einen Thomasschüler gleichsam selbstverständlich), sondern bereits auch mit Opern­kompositionen in Berührung gekommen – schließlich hatte die Stadt neben Hamburg als einzige deutsche Stadt bereits seit dem späten 17. Jahrhundert ein eigenes bürgerliches Opernhaus. Nach seinen musikalischen und juristischen Studien in Leipzig verschlug es Graupner zunächst für ungefähr drei Jahre (genaue Datierungen sind nicht mehr möglich) nach Hamburg, wo er eine Stelle als Cembalist an der Gänsemarktoper in Hamburg erhielt.

Chalumeau
Discant-Chalumeaux, re-
konstruiert von Rudolf Tutz

Neben dieser Tätigkeit bekam er dort zunehmend Gelegenheit, sich auch in der Komposition von Opernmusik zu erproben. Die Abwerbung nach Darmstadt durch den Landgrafen Ernst Ludwig dürfte Graupner gleich in mehrfacher Hinsicht gelegen gekommen sein: So sprach er selbst von "Verdrießlichkeiten", die ihm den Abgang in Hamburg leicht gemacht haben. Zudem lag ein durchaus vielfältiges Aufgabengebiet vor ihm; denn auch wenn der Landgraf vermutlich in erster Linie am Auf- und Ausbau einer stehenden Oper in seiner Residenz interessiert war, war es doch selbstverständlich, dass zu Graupners Verpflichtungen ebenfalls die Bereitstellung der Kirchen­musik gehörte. Und schließlich schloss eine gewöhnliche Hofhaltung auch die schier selbstverständliche Beteiligung von Musik etwa bei der Tafel oder als Begleitung von Tanzveranstaltungen, Bällen etc. ein, was für Graupner bedeutete, auch Instrumentalmusik zu komponieren – Ouvertürensuiten, Solokonzerte, Sonaten und – gegen Ende seiner Laufbahn – auch Sinfonien. Für ein derartig breites musikalisches Spektrum bestand für den zukünftigen Darmstädter Kapellmeister in Hamburg jedenfalls kein Bedarf.

Opern

Immerhin hatte Graupner bei seinem ersten festen Anstellungsverhältnis in Hamburg sowohl rezipierend (als Cembalist bei der Aufführung der Werke seiner Kollegen) als auch aktiv Erfahrung mit der größten und zweifellos bedeutendsten Gattung der Barockzeit, der Oper, gesammelt; er hatte gelernt, was es hieß, den Figuren in zahllosen Arien Gelegenheit zu geben, verschiedenste Affekte musikalisch schlagkräftig zu präsentieren. Dass er sich dabei rasch ein beeindruckendes Handwerkszeug zulegte, beweisen die beiden frühesten erhaltenen Werke, seine Dido sowie Antiochus und Stratonica. Sie sind zugleich die beiden einzigen erhaltenen großen theatralen Kompositionen aus seiner Hamburger Zeit. Doch bereits in beiden Partituren finden sich Charakteristika, die auch sein späteres Schaffen auszeichnen sollten: eine Vorliebe für dramatische Schreibweise, die sich vor allem durch abrupte Wechsel innerhalb einer Nummer auszeichnet, sowie eine ausgeprägte Klangsinnlichkeit. Letztere ließ ihn die Vokalpartien der Arien zum einen bevorzugt durch Klang“teppiche“ unterlegen; zum anderen zeichnen sich seine Werke immer wieder durch exquisite und exklusive Kombinationen von Instrumenten aus, unter denen vor allem die etwas dunkleren Klangfarben dominieren.

Graupner war, so ergibt sich der Eindruck, weniger ein Komponist der lauten, majestätischen Klänge – wiewohl er dieses Spektrum selbstverständlich auch beherrschte und bediente – als vielmehr ein Mann der leiseren Töne, der verhalten-verschatteten Stimmungen. Chalumeau, Flauto d’amore, Viola d’amore, Fagott – das waren die Instrumente, die ihn zu besonderen musikalischen Lösungen inspirierten. Die Bandbreite der vertonten Affekte reichte von rasenden Wut- und Eifersuchtsausbrüchen bis hin zu resignativ-verzweifelten Todesahnungen, die er musikalisch gleichermaßen virtuos wie intensiv realisierte.

Opernhaus 
Das von Landgraf Ernst Ludwig umgebaute und mit Graupners Oper
"Telemach" 1711 eingeweihte Opernhaus diente bis zu seiner Zerstörung
im 2. Weltkrieg in Darmstadt als "Kleines Haus"

Auch in Darmstadt komponierte Graupner für die Bühne. Überliefert ist jedoch auch für diese Zeit seines Wirkens nur der kleinste Teil davon: die Oper Berenice und Lucilla, die 1710 und nochmals 1712 am Hof zur Aufführung kam (und die 2010 im Rahmen der Veranstaltungen zum 250. Todestag von Graupner durch Wolfgang Seeliger in einer Inszenierung durch Sigrid T’Hooft in der Darmstädter Orangerie zur ersten Wieder­auf­führung nach 300 Jahren gelangte ( "Non puo ridere" und "Ardi, oh cuor"), sowie die Pastorale La Costanza vince l’inganno. Dass Graupner in seiner Eigenschaft als Darmstädter Hofkapellmeister weitere Opern geschaffen hat, weiß man, doch sind von den übrigen nur mehr die Libretti erhalten. Mit der Einstellung des Opernbetriebs 1719 erlosch Graupners diesbezügliches Wirken.

 

Kantaten

Autograph Christoph Graupner 
Autograph Christoph Graupner: Kantate "Preise
Jerusalem, den Herrn" zum Jubiläum der Augsburger
Konfession 1730, vorgesehene GWV Nummer 1173/30b
(Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt)

Den mit riesigem Abstand größten Teil von Graupners musikalischem Schaffen nehmen seine Kantaten ein, die er über einen Zeitraum von mehr als 44 Jahren in Darmstadt komponierte; mehr als 1450 Werke sind erhalten. Die meisten von ihnen dienten als Kirchenkantaten für die sonntäglichen Gottesdienste, die in der Regel in der Schlosskirche stattfanden. Ausnahmen bilden die frühen Kantaten; diese dürften wohl ebenso wie etwa die Trauerkantaten zum Tod von Ernst Ludwig im Jahr 1739 in der Stadtkirche erklungen sein, das legen zumindest die Transpositionen der Bassstimmen nahe, mit denen Graupner auf die anders intonierte Orgel vor Ort reagierte. Nach dem Tod seines Vorgängers Wolfgang Carl Briegel war Graupner für die Bereitstellung der Kirchenmusik hauptverantwortlich. Über lange Jahre konnte er sich dabei mit seinem Vize-Kapellmeister Grünewald, der 1711 nach Darmstadt gekommen war, abwechseln. 1739 jedoch starb dieser, und Graupner hatte Woche für Woche eine neue Komposition für den Gottesdienst zu schreiben. Kein Wunder, dass sich unter der Masse der Werke neben klanglich und kompositorisch herausragenden auch zahlreiche "gewöhnliche“ Werke befinden, die, wiewohl handwerklich sauber gemacht, nicht unbedingt darauf warten, wiederentdeckt zu werden. Es gilt vielmehr, aus der Fülle des musikalischen Schaffens die "Perlen“ herauszupicken.

Die frühe Prägung durch die Opern ist stilistisch auch in den Kantaten zu spüren. Besonders exklusive Klangwirkungen durch ungewöhnliche Farb“teppiche“ behält Graupner auch hier bei. Gerne musizieren solistische Instrumente in den Arien gemeinsam mit den Gesangssolistinnen und Solisten. Der Kapellmeister kannte die Musiker seines Orchesters, er wusste, was er ihnen zutrauen bzw. zumuten konnte – und so finden sich in den Arien immer wieder regelrechte Solokonzerte. Dank der künstlerischen Ambitionen seines Dienstherrn waren in den Jahren nach Graupners Einstellung auch herausragende Sängerpersönlichkeiten nach Darmstadt verpflichtet worden.

Und als 1719 der Opernbetrieb endgültig eingestellt wurde, blieben vor allem die Kantaten als Betätigungsfeld übrig – kein Wunder also, dass Graupner in seinen Kompositionen das eindeutige Schwergewicht auf die Arien legte. Nur in Ausnahmewerken kommt dem Chor eine größere Rolle zu, in der Regel ist seine Funktion jedoch eher beschränkt. In Darmstadt erhaltenes, originales Stimmmaterial lässt zudem den Schluss zu, dass solche Chorpartien nicht nur vom Verbund der beteiligten Solisten gesungen wurden, sondern dass sie vielmehr Unterstützung durch Kapellknaben des Darmstädter Pädagogs erhielten. Über die Kantaten für den Gottesdienst hinaus schrieb Graupner weitere Werke etwa zu Geburtstagen, Hochzeiten, Namenstagen in der landgräflichen Familie. Gerade die Geburtstagskantaten für seinen langjährigen Dienstherrn Ernst Ludwig sind ganz der zeitüblichen Panegyrik verpflichtet, die dem Lob und Preis des Landesvaters galt.

Ouvertürensuiten

Alt-Chamlumeau
Alt-Chalumeau rekonstruiert
von Rudolf Tutz
(im “Sinne Denners”)

85 Ouvertürensuiten und Entraten für die Tafelmusik zählt das Graupner-Werkverzeichnis (GWV) und umreißt damit die am klarsten zuzuordnende Gattung instrumentaler Musik am Darmstädter Hof. Die Funktion dieser vielsätzigen Werke mit eröffnender Ouvertüre und anschließenden Tanzsätzen bezieht sich zum einen auf die Begleitung und Untermalung beim Tafeln; zum anderen aber auch ganz funktional als Grundlage für das Tanzen und die (soweit wir wissen: freilich nur seltenen) Bälle. Die Ouvertürensuite nach französischem Vorbild war seinerzeit in Deutschland äußerst beliebt, und auch im Schaffen von Georg Philipp Telemann, den Graupner noch aus Leipziger Tagen kannte, nimmt diese Gattung eine überaus gewichtige Rolle ein. Anders als Telemann geht Graupner jedoch eher sparsam mit deskriptiven Satzbe­zeichnungen um. Auch wenn die damalige Modegattung im Lauf des zweiten Jahrhundertdrittels immer mehr in den Hintergrund gedrängt wurde, hatte sie gerade in Darmstadt weiterhin Fürsprecher: Auch Ernst Ludwigs Sohn, Landgraf Ludwig VIII, mochte die Ouvertürensuite und ließ sich noch in den 1750er Jahren eine Suite von Telemann widmen.

Solokonzerte

Tenor-Chalumeau
Tenor-Chalumeau, rekonstruiert von
Rudolf Tutz (nach Denner)

Wie auch an anderen Höfen konnten die Solokonzerte auch als Visitenkarte für besonders befähigte Orchester­mit­glieder dienen; ihr Bestand lässt sich demnach auch ziemlich direkt als Spiegel der Leistungsfähigkeit der jeweiligen Hofkapelle interpretieren. Doch neben dem italienischen, von Vivaldi in Reinform kulturvierten Solokonzert mit anspruchsvollen, ja virtuosen Passagen für den Solisten gab es auch noch die Form des Gruppenkonzerts, bei dem gleich mehrere Instrumente miteinander musizierten, was mitunter weniger im halsbrecherischen Wettlauf der einzelnen Partien als vielmehr in einem farbenfrohen, hinsichtlich des instrumentaltechnischen Anspruchs etwas reduzierten von statten ging. Unter Graupners Konzerten finden sich beide Typen.

Mit Ausnahme des Cellos gibt es kein Instrument, das nicht als Soloinstrument bedacht worden wäre: Violinen, Viola (in der Sonderform der Viola d’amore), Holzbläser, darunter auch das Chalumeau sowie das Fagott, Blechbläser (Clarinen und Pauken) und alle erdenklichen Kombinationen. Die Mehrzahl von Graupners Konzerte bedient sich der italienischen Form mit drei Sätzen; allerdings gibt es auch einige Konzerte, die aus vier Sätzen – mit vorangestelltem langsamen Eröffnungssatz – bestehen.

Sonaten

Mit 19 Werken bildet die Kammermusik die kleinste Gruppe in Graupners Instrumentenschaffen. Zumeist handelt es sich um Varianten der Triosonate, nicht immer, aber auch in der ganz "klassischen“ Besetzung mit zwei Violinen und Violoncello. Doch auch hier spürt man Graupners ausgeprägten Sinn für Klangfarben: so schreibt er in der Besetzung für Flöte, Viola d’amore und Bass, für Viola d‘amore, Chalumeau und Bass, für Fagott, Chalumeau und Bass – und bevorzugt demnach auch in diesem Genre die dunkleren Klangfarben. Von wenigen Ausnahmen ab gesehen, die dem Typus der Konzertform verpflichtet sind, überwiegt formal eindeutig die viersätzige Kirchensonate mit ihrem langsamen, oftmals pathetischen Beginn (Largo).

 

Sinfonien

Bass-Chalumeau
Bass-Chalumeau rekonstruiert von
Rudolf Tutz (im “Sinne Denners”)

Quantitativ noch gewichtiger als die Gruppe der Ouvertürensuiten nehmen sich die 112 Sinfonien aus. Sie entstanden vornehmlich in den 1740er und frühen 1750er Jahren, als sich die neue Gattung auch andernorts überall zu etablieren begann. Es scheint, als habe Graupner auf seine Weise Anteil an dieser Entwicklung genommen und dabei sehr Unterschiedliches ausprobiert, dem er jedoch einheitlich den Titel "Sinfonie“ gab.

Über die Hälfte der Werke folgt dem dreisätzigen Prinzip mit schnellen Rahmensätzen und einem langsamen Satz in der Mitte; ein weiteres Viertel erprobt den "modernen“ Typus der Viersätzigkeit mit langsame(re)m zweiten Satz und nachfolgendem Menuett, und die letzte (traditionellste) Untergruppe bilden vielsätzige Werke mit fünf (19) und mehr Sätzen, in der Regel sind dies vor allem Tanzsätze wie Gavotte, Sarabande oder Loure.

Einigendes Band ist hingegen die Instrumentation: bis auf zwei Ausnahmen sind alle mit Hörnern und/oder Clarinen und Streichern besetzt, häufig kamen aber auch noch weitere Instrumente wie Flöten und Fagott hinzu. Die konkrete Verwendung dieser Werke liegt bislang im Dunkeln; auffällig erscheint aber die Tatsache, dass in beinahe allen Fällen einzelne Orchesterstimmen erhalten sind – was sehr wohl auf (zumindest intendierte) konkrete Aufführungssituationen schließen lässt.

 

Claviermusik

Autograph Christoph Graupner 
Autograph Christoph Graupner: Partita F-Dur GWV 140, 1. Satz
(Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt)

Relativ früh, in den ersten Dekaden seines Wirkens am Darmstädter Hof, hat Graupner sich nicht nur mit der Komposition von Werken für Tasten­instrumente befasst, sondern diese auch im Selbstverlag herausgegeben: 1718 erschien die erste Sammlung von 8 Partiten, jeweils als Folge diverser französischer (Tanz)sätze. Es folgten 1722 die Monatlichen Clavierfrüchte, deren zwölf individuelle Bestandteile ebenfalls eine Abfolge von Tänzen bildeten, denen zusätzlich jeweils ein Präludium vorangestellt wurde. Ein gleichermaßen programmatischer Titel, Die vier Jahreszeiten, heraus­ge­bracht 1733, ist bis auf den Winter allerdings verschollen. Erhalten ist hingegen noch eine ganze Anzahl handschriftlicher Kompositionen für Clavier.

Mitunter sind es lediglich Einzelsätze, aber auch die von den Druck­aus­gaben bekannten Folgen zeitgenössischer Tanzsätze. Ob und in welchem Rahmen Graupner diese Musik für höfische Belange schrieb, ist gänzlich unklar. Es hat viel eher den Anschein, als seien diese Werke eher den privaten "Muße“stunden Graupners zu verdanken, in denen er sich jenseits seiner offiziellen Aufgaben den eigenen musikalischen Vorlieben widmen konnte (vergleichbar den großen Clavierzyklen von J.S. Bach, wenn auch satztechnisch-kontrapunktisch bei Graupner weniger anspruchsvoll).

© Ursula Kramer 2014

 
       
Neue Graupner-Manuskripte in Marburg entdeckt

Im Rahmen von Katalogisierungsarbeiten der RISM-Zentralredaktion sind im Hessischen Staatsarchiv Marburg (D-MGs) einzelne Stimm-Abschriften von zwei Kantaten Graupners aufgetaucht. Sie gehören zur Sammlung 319 Frankenberg, die an der dortigen Liebfrauenkirche entstanden ist. Als 319 Frankenberg Nr. 147 firmiert eine Sammelhandschrift, die den nahezu kompletten Jahrgang Geistliches Singen und Spielen von Georg Philipp Telemann enthält (gelegentlich mit Ergänzungen oder geänderter Reihenfolge; RISM ID no.: 454600655). Eine Kantate allerdings wurde darin durch Graupners Kantate "Nahet Euch zu Gott, so nahet er sich zu Euch" (Oktober 1714) ersetzt. Erhalten haben sich in Marburg die Abschriften einer Alt- und einer Tenorstimme (RISM ID no.: 454600702).

Darüber hinaus fanden sich bei der Katalogisierung in Marburg Stimmen für eine weitere, sehr frühe Kantate Graupners. Es handelt sich um die im Original mit Trompeten und Pauken üppig besetzte Weihnachtskantate zum 2. Weihnachtsfeiertag von 1709, "Hosianna sei willkommen" → GWV 1106/09, zugleich der Geburtstag des Landgrafen. Im Frankenberger Bestand sind davon insgesamt sechs Vokal- und Instrumentalstimmen (Ob 1, Violine 2, Alt, Tenor, Bass und B.c.) überliefert. Auch sie enthalten keinen Hinweis auf den Komponisten, wurden aber durch die RISM-Datenbank identifiziert (Konkordanz zu 450005735&submitButtonCall_submitSearch=Suchen" target="_blank" rel="alternate">RISM 450005735) und erhielten die Signatur 319 Frankenberg Nr. 196.

Veröffentlichung: 19. November 2017
Quelle: Newsletter Christoph-Graupner-Gesellschaft

       
Tagungsbericht Jagdschloss Kranichstein 30.11. - 2.12.2018

Internationale Tagung im Jagdschloss Kranichstein als Kooperation der Abteilung Musikwissenschaft (IKM) der Johannes Gutenberg-Universität und der Musikhochschule Mainz in Verbindung mit der Christoph-Graupner-Gesellschaft Darmstadt und der Stiftung Jagdschloss Kranichstein 30.11. - 2.12.2018

Die Grundlagenforschung der Kulturwissenschaften besteht im Studium historischer Originalquellen in Archiven und Bibliotheken. In diesem Sinne war die Tagung zur aktiven künstlerischen, insbesondere musikalischen Betätigung von Landesfürsten und des Hofadels insgesamt im Zeitalter des Barock eine eindrucksvolle Präsentation ebenso lebendiger wie ertragreicher gegenständlicher Forschung. Dass diese gerade in der Musikwissenschaft, deren zentraler Forschungsgegenstand die ohne Erklingen nie vollständig aussagekräftige Notenschrift ist, noch zwingender als in anderen Disziplinen Bereicherung erfährt, ja erfahren muss durch interdisziplinäre Blicke z.B. in die Sozial- oder Kunstgeschichte, konnte man in dem differenziert zusammengesetzten Referentenkreis aus Musikwissenschaftlern, Historikern, Archivaren und ausübenden Künstlern intensiv erleben.

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Im historisch passenden Ambiente des am Rande Darmstadts gelegenen, ehemaligen landgräflichen Jagdschlosses Kranichstein gelang es zudem, die Intensität der Beschäftigung mit den Gegebenheiten des 18. Jahrhunderts noch zu isteigern, indem die höfische Vergangenheit auf Schritt und Tritt gegenwärtig war.

In drei thematischen Blöcken näherten sich die Vortragenden dem Hauptgegenstand, Landgraf Ernst Ludwigs aktiver musikalischer und tänzerischer Betätigung, bezeugt durch zwei zentrale handschriftliche Quellen in der historischen Musiksammlung der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt, aus verschiedenen kulturhistorischen Blickwinkeln an.

Die erste Sektion („Paris als Ort kultureller Orientierung“) diente der Erstellung eines inhaltlichen Fundamentes für die zentrale Fragestellung, indem zunächst der europäische Kontext durchmessen wurde, in dem sich dieVernetzung künstlerisch interessierter und tätiger Fürsten des Barockzeitalters abspielte. Die Höfe von Bayern, Frankreich und Italien wurden exemplarisch in den Mittelpunkt gestellt.

Klaus Pietschmann (Mainz) steckte im Eröffnungsvortrag „Fürsten als Künstler“ den Rahmen ab, innerhalb dessen die Deutung jeglicher künstlerischer Betätigungen des Hofadels sich als unauflöslich abhängig erwies von Repräsentation und Zeremoniell des höfischen Lebens, dauerhaft dokumentiert durch Baldassare Castigliones Cortegiano. Die dazu zwingend gehörenden gegenseitigen Besuche regierender Landesherrscher boten Gelegenheiten, deren künstlerische Ambitionen im geschützten Bereich des vertrauten Milieus präsentieren zu können. Dies erschien um so wichtiger, als offenbar speziell mit der Musikausübung eine zuweilen leicht abwertende Beurteilung verbunden wurde in dem Sinne, dass der Musik und dem Tanz im Vergleich zu Literatur oder Philosophie etwas Leichtfertiges im Sinne von Müßiggang und Laster anhaften könne. Demzufolge lasse sich aus den Quellen herauslesen, dass herrscherliche Musikausübung bei öffentlichen Anlässen wohlkalkuliert zur Schau gestellt wurde.

Andrea Zedler (Bayreuth) bekräftigte anhand der Kavaliersreisen der fünf kurbayerischen Prinzen zwischen 1715 und 1725 die Beobachtung, dass musikalische Aktivitäten von Personen fürstlichen Ranges stets eingebettet waren in den politischen Austausch regierender Kollegen und die dazu obligatorischen Besuche von Hof zu Hof. Musik und Tanz wurden als Teil einer mit politischen Anliegen verknüpften Reisekultur betrachtet und erlebt, vor deren Hintergrund eine erhellende Kategorisierung entsprechender Aufführungen nach unterschiedlichen Kontexten von Zeit, Ort und Milieu deutlich werden konnte: entscheidend für Machart und Niveau des Dargebotenen sei die jeweilige Adressierungssituation gewesen. Diese wiederum war Teil einer ausgeklügelten Profilierungsplanung junger Fürsten aus konkurrierenden Residenzen und, wie Zedler an den konkreten Reisen der Prinzen zeigen konnte, an deren vorherbestimmte politische Anlässe gebunden.

Die Konzentration auf sozial geschlossene Adelskreise als Adressaten fürstlicher Musikausübung untermauerte Margret Scharrer (Saarbrücken) mit der Einführung des historisch positiv konnotierten Dilettantenbegriffs als verbindenden Merkmals für die überwiegende Mehrheit fürstlicher Künstler. Der französische Hof Ludwigs XIV. und seiner Nachkommen mit dem damaligen Leuchtturm höfischer Leitkultur in Versailles stellte diesbezüglich keine Ausnahme dar, vielmehr bestätigte die dort übliche Praxis die Gesetzmäßigkeiten, die im absolutistischen Zeitalter gewissermaßen natürliche soziokulturelle Grenzen für eine, wenn auch von den Protagonisten oft sehr geliebte und von berühmten Musikern gelehrte, Nebenrolle festlegten.

Die gleichsam europäische Grand Tour entlang der kulturell maßgeblichen Höfe in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts vervollständigte Berthold Over (Mainz/München), indem er sich auf die Suche nach dem spezifischen Habitus adliger Musiker in Italien begab, der geprägt war vom höfischen Adelsethos, kultureller Erziehung und konkreter Musikproduktion als Komponist. Der süditalienische Principe Giacomo Francesco Milano wurde beispielhaft für eine Schicht nicht regierender, dennoch sich in hohen höfischen Kreisen bewegender Adliger vorgestellt, die – jenseits der im Absolutismus französischer Prägung obligatorischen Repräsentation – sich mit Muße und Konzentration im intimen Rahmen der musica da camera ernsthaft dem Komponieren widmen konnten. Over machte eine neapolitanische Kompositionstradition aus, deren Musiksprache expressiver dissonanter Harmonik in der Nachfolge des adligen Carlo Gesualdo sich in einem Marienoratorium Milanos wiederfinden lässt.

Die maßgeblichen Facetten der Musikausübung im höfischen Alltag – Reisen, repräsentative Zwecke und umfassende Ausbildung, für die man sich, unbelastet von ökonomischen Zwängen, die besten Komponisten als Lehrer leistete – wurden vertieft durch den ersten Beitrag, der den titelgebenden Landgrafen Ernst Ludwig selbst in den Mittelpunkt stellte. Rainer Maaß (Darmstadt) bestätigte und untermauerte mit seinem aus archivalischen Quellen extrahierten Bericht über die Kavaliersreisen des jungen Erbprinzen nach Paris und London erstens den exorbitanten Einfluss des französischen Hofes auf nahezu alle Formen fürstlicher Hinwendung zu Musik und Tanz, zweitens die wichtige Rolle des Unterrichts durch bedeutende Komponisten und drittens die Bedeutung der künstlerischen Transferbewegungen durch den Austausch zwischen deutschen und europäischen Höfen. Die erhaltenen Katalogisate von im 2. Weltkrieg zerstörten, früheren Beständen der Darmstädter Hofmusiksammlung bezeugen das Vorhandensein der Noten von mehreren Opern Lullys in Darmstadt. Hinzu kam die darmstädtische Spezialität der überaus musikinteressierten Mutter Ernst Ludwigs, Landgräfin Elisabeth Dorothea, die aktiv die Hofkapelle durch Anwerbung von Musikern optimierte und diese Ambitionen wohl ihrem Sohn vererbte.

Dass das in seinen Rahmenbedingungen flächendeckend artifizielle, hoch verfeinerte, an Etiketten zuweilen fast erstickende Hofleben die Musik und darstellende Künste auch als Gegenpart individueller Freiräume brauchte, thematisierte Rouven Pons (Wiesbaden), indem er den Begriff des Dilettantismus aus sozialgeschichtlicher Perspektive aufnahm und ihn, quellengestützt und ergänzt durch ikonographische Beispiele, beleuchtete als in Adelskreisen verbreitetes Rezept gegen gepflegte Langeweile. Dabei kamen Aspekte der Zerstreuung und Triebsublimierung zum Vorschein, ohne die offenbar die gesamte Palette der Kunstausübung an Fürstenhöfen nicht vollständig bewertet werden kann. Es erscheint schließlich auch folgerichtig, dass nicht jedes Mitglied der Hofgesellschaft bei Musik- und Tanzdarbietungen zum Genie werden konnte, so dass das Moment der demonstrativen Zurschaustellung von Kultiviertheit unbedingt zum Gesamtbild des Phänomens Fürst als Künstler gehört, zumal das Erlernen mindestens eines Musikinstrumentes im gängigen Ausbildungskanon junger Adliger festgeschrieben war.

Vor diesem interdisziplinär errichteten Prospekt über die Hintergründe und Umstände der Musik am Fürstenhof konnten in der zweiten Sektion („Ernst Ludwig und die Musik“) die spezifischen Bedingungen für die kompositorischen und tänzerischen Aktivitäten Landgraf Ernst Ludwigs herausgearbeitet werden.

Roswitha Jacobsen (Gotha) widmete sich angesichts der besonderen Rolle der Landgrafenmutter Elisabeth Dorothea deren eigener musikalischer Sozialisation als Prinzessin am Gothaer Hof. Die prägende Atmosphäre und kulturelle Tradition der streng lutherischen Hofhaltung vervollständigte das Thema Prinzenerziehung jenseits des absolutistischen Prunkes nach französischem Vorbild um die Bedeutung der Kirchenmusik in der mitteldeutsch-protestantischen Tradition. Ein verbindendes Element zum Themenkern zeigte sich dennoch, da auch hier der Musik eine auflockernde Qualität innerhalb der reglementierten religiösen Erziehung zugeschrieben wurde. Eine historische Lücke füllte der Beitrag überdies mit dem aufgrund detaillierter Quellenauswertung gewonnenen, seltenen Beispiel für bezeugten Musikunterricht für weibliche Mitglieder der Hofgemeinschaft.

Wenn die vokale Kirchenmusik so wichtig für die musikalische Grundausbildung des Darmstädter Landgrafen war, so konnte dies nur im Einklang mit der dahinterstehenden Dichtung geschehen, deren Stellung innerhalb des Erziehungskanons junger Fürsten von Helga Meise (Reims) erläutert wurde. Dass der Poesie nicht nur, wie in allgemein höfischer Sichtweise, ein künstlerisch höherer, weil ernsterer Stellenwert zugeschrieben wurde als der Musik, sondern dass sie einen ebenso tiefen künstlerischen Ausdruckswert hatte, war für Ernst Ludwigs Lehrjahre offenkundig essentiell, wie anhand der umfangreich erhaltenen Schreibkalender des Darmstädter Hofs nachgewiesen werden kann. Der Prinz schrieb Gedichte, verarbeitete Verlust und Trauer mit poetischen Leichenpredigten und wertete damit die (geistliche) Dichtung als Partnerin der Musik auf – sichtbare Voraussetzung für die Schwerpunkte, die er als musikliebender regierender Fürst später dem Zusammenspiel der Künste an seinem Hof zugestehen sollte.

Bestätigt wurde die Bedeutung dialogisch ausgerichteter protestantischer Dichtung als Grundlage für Vertonungen, die wiederum eigene musikalische Gattungen hervorbrachten, durch Rashid Pegah (Berlin), der einen prägnanten, verdichteten Blick auf sogenannte Gesprächsspiele am Darmstädter Hof warf: anlassbezogene, allegorische Festmusiken, die vermutlich vom Hofkapellmeister des späten 17. Jahrhunderts, Wolfgang Carl Briegel, komponiert wurden und die, indem einzelne Rollen bestimmten Personen des Hofes zugeordnet wurden, als Keimzelle angesehen werden können für die späteren, unter Briegels Nachfolger Graupner regelmäßig im großen Stil für zeremonielle Ereignisse der landgräflichen Familie produzierten Festkantaten.

Derart eingeleitet durch die Hinwendung zur konkreten musikalischen Produktion am Darmstädter Hof widmete sich Ursula Kramer (Mainz/Darmstadt) der genaueren Beleuchtung von Entstehungsumständen und Vorbildern einer der Originalquellen, die den Anlass zur Tagung gegeben hatten: die sowohl handschriftlich als auch in zwei identischen Druckausgaben in der Musiksammlung der Universitäts- und Landesbibliothek erhaltene Ausgabe von Suitenkompositionen des Landgrafen Ernst Ludwig, Partition de 12 Suites et Symphonies 1718. Die unmittelbare Quellenforschung aufgrund einer Parallelüberlieferung in der Musiksammlung wurde zur Aufstellung von drei Thesen herangezogen: Erstens der Möglichkeit eines Studienvorbildes für die Machart von Ernst Ludwigs Ouverturen nach französischen Vorbildern als solcher; zweitens hinsichtlich der Überarbeitung des Tonsatzes, was anhand der Gegenüberstellung von Manuskript und Druck demonstriert werden konnte, deren Machart einen professionellen Komponisten vermuten lässt – welche Beobachtung wiederum die Beteiligung von Graupner selbst nahelegt; und drittens den direkten Bezug zur Pflege des Tanzes am Hof.

Europäisches Netzwerk und Ergebnisse des daraus erwachsenen Austauschs zwischen künstlerisch tätigen Regenten in Gestalt überlieferter musikalischer Werke wurden von Gabriela Krombach (Mainz) im imaginären Brennglas anhand der erhaltenen Kompositionen von Friedrich Karl Graf zu Erbach (Darmstadt benachbart im Odenwald) untersucht. Die Sammlung von Trios für verschiedene Melodieinstrumente und B.c., als Divertimenti armonici in der Darmstädter Sammlung vorhanden, offenbart in ihrer vorangestellten Widmungsschrift eine gegenseitige Dedikation von Graf Erbach an Landgraf Ernst Ludwig und umgekehrt, welche ihrerseits eine Art Teilstück innerhalb der Beziehungsgeflechts zwischen den Protagonisten schöngeistig orientierter Adelskreise in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts darstellte. Im südhessischen Dreieck Darmstadt – Frankfurt – Erbach spielte sich im engen regionalen Rahmen die gleiche wechselseitige Inspiration von Fürsten (Ernst Ludwig, Graf Erbach), Komponisten (Telemann) und Textdichtern (Johann Friedrich v. Uffenbach) ab wie im übergeordneten Zusammenhang der Fürstenhöfe Europas. Dass die eingehende Analyse der kompositorischen Technik in den Werken Graf Erbachs hinsichtlich der musikalischen Qualität als typisch für einen adligen Dilettanten eingestuft werden konnte, bestätigte eines der Kernthemen der Tagung.

Die dritte und letzte Sektion („Vergleichende Fallbeispiele“) verfestigte über die Untersuchung spezieller Bezüge in einzelnen Residenzen den Eindruck einer deutschlandweiten und europäisch beeinflussten Allianz musikliebender und -ausübender regierender Fürsten anhand der exemplarischen Betrachtung von Zeugnissen zur konkreten musikalischen Betätigung der jeweiligen Herrscher.

Margret Scharrer (Saarbrücken) führte in einem zweiten Beitrag das Beispiel des bayerischen Kurfürsten Max Emanuel – des Vaters der in ihrem ersten Vortrag vorgeführten fünf reisenden Prinzen – aus, der sich über das übliche dilettierende Laienmusikertum hinaus als Gambenvirtuose einen Namen auch in französischen Hofkreisen gemacht hatte. Seine fachliche Korrespondenz mit bekannten Komponisten wie Forqueray und Marais sowie der intensive Austausch mit Gemahlin und Mätresse über das Gambenspiel belegen ebenso wie der bezeugte, organisierte Instrumenten- und Notenerwerb zwischen München und Paris, dass die Musik an diesem Hof eine ungewöhnlich gewichtige Rolle spielte; wiewohl die Quellenlage die Gambe in der Zeit um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert als typisches Instrument des Adels erkennen lässt. Dies wurde erhärtet von der engagierten Weitergabe der eigenen Musikalität an die kurfürstlichen Kinder, was durch mehrere zeitgenössische Gemälde untermauert werden konnte.

Die gleichsam leitmotivisch die Tagung durchziehenden Einflüsse des französischen Hofes für die ästhetische Bildung an deutschen Fürstenhöfen schienen noch einmal hell auf anhand der Tanzhandschrift La Hessoise Darmstadtdes am Münchner Hof tätigen französischen Tanzmeisters Dubreil; spielte doch der Tanz die eigentlich zentrale Rolle für die gesellschaftliche Repräsentation bei Hofe. Carola Finkel (Frankfurt am Main) hatte sich der schwierigen historischen Choreographie-Notation kompetent genähert und daraus Hinweise für ein aus andernorts entstandenen Tanzsätzen zusammengesetztes Ballet mit den in Frankreich gebräuchlichen Einzeltänzen extrahieren können. Datierte Quellen der Tanzsätze mit Angabe der Widmungsträger lassen einen Nachvollzug der Wege durch die Residenzen zu, der 1718 – im selben Jahr wie die Suitenkompositionen des Landgrafen – in jenes Ernst Ludwig gewidmete und wohl zu seiner Musik getanzte Ballet mündet, das außerdem wohl der Bewerbung für die Stelle am Hof dienen sollte; ein vielfach bezeugter und verbreiteter, pragmatischer Zweck von Dedikationen.

Der bisher ausgebreitete Bilderbogen verschiedenster Grade und Stufen der künstlerischen Betätigung des Hofadels im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert wurde eindringlich abgerundet durch zwei Beispiele für Musikpflege und aktives Komponieren an zwei weiteren, mit Darmstadt in Verbindung stehenden Höfen.

Reinmar Emans (Hamburg) bestätigte mit seinen Ausführungen über die Musikerziehung und -aufführung in Braunschweig-Wolfenbüttel anhand der Entwicklung der Hofkapelle während mehrerer Herrschergenerationen die wesentlichen Befunde der Motive und Zwecke höfischen Musizierens: Existenz eines didaktischen Kanons, ikonographisch dokumentiertes Instrumentalspiel, Verbindung von Musik und Dichtung in allegorischen Singspielen, basierend auf der spezifisch protestantischen Wort-Ton Religiosität – zusammengefasst Aspekte, die eine deutsche Hofmusikkultur vom französischen Vorbild unterschieden und ihr eigenes Gepräge gaben.

Dass es neben all den Beobachtungen von Gesetzmäßigkeiten der musikalischen Praxis in fürstlichen Kreisen auch die Ausnahme eines exzessiv und anspruchsvoll komponierenden Monarchen gab, zeigte Greta Haenen (Bremen/Saarbrücken) an den als „Schlafkammerbibliothek“ überlieferten Kompositionen Kaiser Leopolds I., innerhalb derer sie allein 200 musikdramatische Werke identifizieren konnte.

Silvia Uhlemann

       
Telemann und Graupner – Weggefährten des Barock
  • Christoph Graupner (1683-1760): Ouvertüre F-Dur für Flauto traverso, Viola d’amore, Chalumeau, Streicher und B.C.450">GWV 450
  • Georg Philipp Telemann (1681-1767): Concerto d-moll für 2 Chalumeaux, Streicher und B.C.
  • Christoph Graupner (1683-1760): Concerto B-Dur für Chalumeau, Viola d’amore, Oboe, Streicher und B.C. GWV 343
  • Georg Philipp Telemann (1681-1767): Concerto A-Dur für Flauto traverso, Violine, Violoncello, Streicher und B.C. aus der „Tafelmusik“

Ausführende:

  • Accademia di Monaco, Leitung: Joachim Tschiedel

Datum: Sonntag, 8. Oktober 2017, 19.00 Uhr
Ort: Churfürstenssal Schloss Fürstenfeldbruck
Veranstalter: Accademica di Monoaco

       
„Das Licht des Lebens gehet auf“: Telemann und Graupner – Weggefährten des Barock
  • Christoph Graupner (1683-1760): Ouvertüre F-Dur für Flauto traverso, Viola d’amore, Chalumeau, Streicher und B.C.450">GWV 450
  • Georg Philipp Telemann (1681-1767): Concerto d-moll für 2 Chalumeaux, Streicher und B.C.
  • Christoph Graupner (1683-1760): Concerto B-Dur für Chalumeau, Viola d’amore, Oboe, Streicher und B.C. GWV 343
  • Georg Philipp Telemann (1681-1767): Concerto A-Dur für Flauto traverso, Violine, Violoncello, Streicher und B.C. aus der „Tafelmusik“

Ausführende:

  • Accademia di Monaco, Leitung: Joachim Tschiedel

Datum/Ort:

  • Samstag, 8. Dezember 2018, 20.00 Uhr; Kultur im Oberbräu, Holzkirchen (D)
  • Sonntag, 9. Dezember 2018, 19.00 Uhr; KUBIZ, Unterhaching (D)
  • Mittwoch, 12. Dezember 2018, 19.00 Uhr; Welschnonnenkirche, Trier (D)

Veranstalter: Accademica di Monaco