Originaltitel: M. Jul. 1709. Abschnitt im Kirchenjahr: Trinitatis Sonntag im Kirchenjahr: 4. Sonntag nach Trinitatis Entstehungszeit: 1710 Uraufführung (aus GWV-Nummern ermittelt): 13.07.1710 Vokal: Bass Solostimmen: 1 Instrumente: ob (2), str, bc Satzbeschreibung: 1.aria (B,str,bc) - D - 3/2 2.rec (B,bc) 3.aria (B,ob(2),str,bc) - g - 3 (largo) 4.rec (B,bc) 5.aria (B,str,bc) - D - C Dichter: E. Neumeister Partitur: 9 Seiten; B: 3 - vl 1 (2x), 2 (2x), vla, vlc, vlne, bc: 2, 2, 2, 2, 1, 2, 3, 2f. Kommentar: gehört mit ziemlicher Sicherheit zum 4. nach Trinitatis 1710. Datum und Textbezüge passen exakt zu diesem Sonntag. /bill - ob only in mov3 in the string-parts /fh
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Text der Kantate:
Arie
Gib, Gott, dass ich nach deinem Bilde
in Einigkeit des Herzens geh’
und dass in meinem Lebensschilde
der Abriss wahrer Tugend steh’.
Ja, führe mich auf rechter Bahn
zu meiner Selbsterkenntnis an.
Secco-Rezitativ
Sich lernen selbst erkennen
ist eine Heldentat.
Wer diese Kunst begriffen hat,
den soll man mehr als einen Menschen nennen.
Die Selbsterkenntnis muss die größte Weisheit sein.
Doch weil sie sich fast aus der Welt verloren,
so sind die Heuchler und die Toren
bei unsrer Welt so sehr gemein.
Weswegen wird der Nächste so verdammt?
Wir sind ja allesamt,
ein wie der andre, Sünder
und der Verdammnis Kinder.
O! Keiner hat so viel, der nicht noch viel bedarf.
Wir sehen allzu scharf
des andren seine Flecken,
doch unsre können wir gar scheinbarlich bedecken.
Ach! Adams Feigenblatt
muss sich noch stets bequemen,
dass wir’s zum Schurz vor unsre Schande nehmen.
Die Eigenliebe macht,
dass man an andre denket
und lässt sich selber aus der Acht.
Das Auge kann zwar alles sehen,
sich selber aber nicht.
Sich zärtelt man, wenn man den Nächsten kränket,
und loben uns, wenn wir die andern schmähen.
Wenn uns ein fremder Splitter sticht,
so fühlen wir den eignen Balken nicht.
O wunderlicher Wahn,
der uns so sehr betören kann!
Man kehre nur vor seiner Tür,
es lieget Kot der Laster g’nug dafür!
Arie
Ich will mich selber richten
und ganz vor Gott vernichten,
so tu’ ich als ein Christ.
Ich weiß, dass Gottes Güte
der Demut im Gemüte
am allernächsten ist.
Drum soll mir die Losung im Leben verbleiben:
Das Nosce Te Ipsum ins Herze zu schreiben.
Secco-Rezitativ
Gesetzt, du wärest engelrein
und könnt’st den ersten Stein
auf andre Menschen werfen
und wärest keinem gleich an Lastern und an Sünden,
so wird im Tode sich
doch eine Gleichheit finden,
denn der ist ihm - wie dir - und dir - wie ihm – gemein.
Drum Mensch, besinne dich,
du bist - wie sonst ein Mensch - Stank , Asche, Kot und Erde.
Ach! Wohl dem, der sich selbst zu richten ist bemüht,
damit, wenn ihn der Tod vor Gottes Richtstuhl zieht,
er durch den Gnadenspruch des Richters selig werde.
Arie
Ach Jesu, ich erkenne mich,
dass ich in Sünden ganz verloren.
Doch gegenteils erkenn’ ich dich,
dass du mich hast zum Heil erkoren.
Du bleibest mein, ich bleibe dein:
was kann an mir Verdammlich’s sein?